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Warum sind die Preisdifferenzen bei Energieversorgern so groß?

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Zurzeit gibt es große Preisunterschiede in den Strom- oder Gastarifen der verschiedenen Energieversorger – stabile und bezahlbare Preise sind längst nicht mehr selbstverständlich. Aber warum ist das so?

Die Antwort auf diese Frage liegt in den unterschiedlichen Beschaffungsstrategien, auch Energieeinkauf, der einzelnen Energieversorgungsunternehmen. Denn dieser Prozess umfasst die Beobachtung der Preisentwicklung auf dem Energiemarkt und die Beschaffung von Strom oder Gas, sodass ausreichend Ressourcen vorhanden sind, um die Verbraucher:innen versorgen zu können – und das möglichst effizient.

Viele Energieversorger beschaffen ihre Energiemengen über mehrere Jahre entsprechend dem prognostizierten Kundenbedarf, um Preisspitzen zu glätten. Dieses Einkaufsverhalten bildet eine langfristige, sichere und meist risikoarme Variante der Beschaffung. Denn insbesondere bei exponentiell steigenden Großhandelspreisen können Energieversorger mit langfristigen Beschaffungsstrategien die Preise länger stabil halten und sind nicht direkt dazu gezwungen, Ausschläge an den Energiebörsen zeitnah und in vollem Umfang an Endverbraucher:innen weitergeben zu müssen.

Der allergrößte Teil der benötigten Strommengen wird am sogenannten „Terminmarkt“ beschafft – in Tranchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Jahre im Voraus. Aus diesem Grund schlagen die Börsenpreisentwicklungen der Strom- und Erdgas-Großhandelspreise bei langfristigen Strategien nicht 1:1 und auch nicht sofort auf den Endverbraucherpreis durch.

Vorteil dieser langfristigen Beschaffungsstrategie ist, dass kurzfristige Preisspitzen geglättet werden und Kund:innen vor Preissprüngen an der Börse geschützt sind. Bei sinkenden Großhandelspreisen wiederrum, wirken sich die geringeren Börsenpreise jedoch erst mit Verzögerung im Endkundenpreis aus. Denn gemäß der langfristigen Beschaffungsstrategie müssen auch dann, wenn die Großhandelspreise für Energie sehr hoch sind, zukünftige Energiemengen für die Kund:innen gesichert werden. Die hohen Preise, die Energieversorger auf dem Höhepunkt der Energiekrise 2022 an der Börse zahlen mussten, schlagen sich nun zeitlich versetzt, aber immer noch gedämpft, in den Endkundenpreisen nieder.

So führen die verschiedenen Beschaffungsstrategien zu den stark unterschiedlichen Endkundenpreisen. Dabei gibt es auch keine „falsche“ Strategie, denn auf einen längeren Zeitraum gemünzt, gleichen sich die Preise insgesamt sowieso wieder an. Als die Energiepreise auf dem Höchststand waren, konnten die Energieversorger mit der langfristigen Beschaffungsstrategie weiterhin ihren Preis anbieten, der weit unter dem Marktpreis lag. Unternehmen mit einer kurzfristigen Beschaffungsstrategie hingegen, mussten zum Teil ihren Kund:innen auf Grund der enormen Preissteigerungen außerordentlich und großenteils ohne rechtliche Grundlage kündigen bzw. die Belieferung einstellen.

Ergo: die momentan so unterschiedlichen Endverbraucherpreise resultieren aus der
jeweiligen Beschaffungsstrategie der einzelnen Energieversorgungsunternehmen. So wirken sich die Preise in unterschiedlichem Ausmaß und zeitlich versetzt bei den Endverbraucher:innen aus.